Umstellung auf WLTP – Informationen für Verbraucher
Das neue Prüfverfahren WLTP (Worldwide Harmonised Light-Duty Vehicles Test Procedure) soll realitätsnähere Werte für Verbrauch und Schadstoffausstoß von Fahrzeugen liefern, als es bisher der Fall war.
Seit dem 1. September 2018 gilt das neue WLTP-Prüfverfahren für alle Fahrzeuge, die neu zugelassen werden. Das bedeutet, dass der offizielle Kraftstoffverbrauch und die Abgasemissionen nach einem neuen und strengeren Messverfahren ermittelt werden. Ein neues Prüfverfahren ist notwendig geworden, da zum Beispiel die offiziellen Herstellerangaben zum Kraftstoffverbrauch in Broschüren, Werbung oder im Pkw-Label immer weiter von den Verbräuchen im Straßenverkehr abgewichen sind. Mit dem neuen Testverfahren WLTP sollen nun realitätsnähere Werte ermittelt werden.

Warum überhaupt Messverfahren?
Der Kraftstoffverbrauch ist für die meisten Autokäufer ein wichtiges Kriterium bei der Fahrzeugwahl. Damit Verbraucher unterschiedliche Modelle miteinander vergleichen können, müssen die Verbräuche vom Hersteller nach einem offiziellen und standardisierten Verfahren erhoben und ausgewiesen (zum Beispiel im Pkw-Label) werden. Gleichzeitig werden bei diesem Testverfahren auch die CO2-Emissionen ermittelt und der Schadstoffausstoß gemessen. Das Einhalten der vom Gesetzgeber vorgegebenen Abgasgrenzwerte ist die Voraussetzung dafür, dass für ein neues Fahrzeug überhaupt eine Typgenehmigung erteilt wird. Die CO2-Werte sind Grundlage für die Kfz-Besteuerung und dienen außerdem dem EU-Monitoring der CO2-Grenzwerte für Fahrzeugflotten. Um den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionen und die Schadstoffe von verschiedenen Fahrzeugmodellen unterschiedlicher Hersteller so zu ermitteln, dass sie vergleichbar und als offizielle Daten verwertbar sind, bedarf es Testverfahren mit klar definierten Bedingungen und reproduzierbaren Ergebnissen. Bereits seit 1970 gibt es auf EU-Ebene ein standardisiertes Verfahren.
Wie kommt es zu den Abweichungen zwischen Herstellerangaben und Realverbrauch?
Das bisher gültige Prüfverfahren NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) wurde 1992 in der EU eingeführt. Ursprünglich sollte dieser nicht den realen Verbrauch der Fahrzeuge abbilden, sondern einen Normverbrauch für den Vergleich liefern. Obwohl es über die Jahre einige Anpassungen gab, entspricht der Testzyklus nicht den heutigen Fahrprofilen. In dem 20-minütigen Fahrzyklus werden nur elf Kilometer bei einer mittleren Geschwindigkeit von 34 km/h zurückgelegt, die Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h wird nur für zehn Sekunden gehalten. Die Beschleunigungsvorgänge sind mit 26 Sekunden von null auf 60 km/h sehr langsam. Hinzu kommt, dass Hersteller „Schlupflöcher“ der Verordnung genutzt und ihre Fahrzeuge über die Jahre „prüfstandoptimiert“ haben. So wurden zum Beispiel Zusatzausstattungen wie Radio, Klimaanlage oder Sitzheizung nicht verbaut beziehungsweise ausgeschaltet. Dadurch ergibt sich weniger Gewicht und ein geringerer Energieverbrauch. Auch Ausstattungsmerkmale wie die Start-Stopp-Technologie wirken sich aufgrund des relativ hohen Standanteils im Labor deutlich stärker auf den Verbrauch aus als auf der Straße. Eine Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT) hat ergeben, dass der Mehrverbrauch – das heißt die Differenz zwischen Laborergebnissen und einer umfassenden Stichprobe von Verbrauchswerten auf der Straße – im Jahr 2001 etwa acht Prozent, im Jahr 2017 42 Prozent betrug. Der NEFZ ist damit keine belastbare Grundlage mehr für die Verbraucherinformation und die von den CO2-Emissionen abhängige Kfz-Steuer.
Was ist beim WLTP anders?
Um realitätsnähere und international vergleichbare Testergebnisse zu erzielen, hat die United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) das WLTP entwickelt. Dieses fällt im Vergleich zum NEFZ deutlich dynamischer aus: Die Zykluszeit wurde auf 30 Minuten erhöht, die Standzeit auf 13 Prozent reduziert. Die Zykluslänge wurde auf über 23 Kilometer mehr als verdoppelt. Zudem wird schneller gefahren: Die mittlere Geschwindigkeit beträgt nun 47 km/h, die Höchstgeschwindigkeit 131 km/h und die Beschleunigung von null auf 60 km/h findet in 10,4 Sekunden statt. Neben dem Fahrzyklus haben sich aber auch die Prüfbedingungen verschärft. Die Messungen beim WLTP finden am vollausgestatteten Fahrzeug statt. Bisher wurden die Messungen nur für die Serienausstattung des Fahrzeugs durchgeführt. Nun sind weitere Tests mit anderen Ausstattungs- und Karosserievarianten sowie unterschiedlicher Bereifung notwendig. Zusatzausstattung, wie Klimaanlage oder Sitzheizung, erhöhen das Gewicht des Fahrzeugs und somit auch die benötigte Energie, um das Fahrzeug zu bewegen. Die Karosserie beeinflusst die Aerodynamik des Autos und die Bereifung den Rollwiderstand. Auch dies sind relevante Faktoren für den Kraftstoffverbrauch. Zudem gibt es eine vom UN-Gremium festgelegte Testtemperatur von 23 Grad Celsius. Diese wird in Europa um einen Zusatztest bei 14 Grad Celsius ergänzt, um die örtliche Durchschnittstemperatur besser abzubilden. Zuvor wurden die Tests bei 30 Grad Celsius durchgeführt. Bei einer höheren Außentemperatur kommt der Motor schneller auf Betriebstemperatur und verbraucht weniger. Die Berücksichtigung dieser Faktoren liefert daher spezifischere und realitätsnähere Verbrauchswerte. Aufgrund der Unterschiede der beiden Testverfahren wird davon ausgegangen, dass die nach WLTP ermittelten Kraftstoffverbräuche beim selben Fahrzeug durchschnittlich etwa 20 Prozent über denen nach NEFZ ermittelten Werten liegen werden. Der reale Verbrauch des Autofahrers ändert sich durch das neue Testverfahren natürlich nicht.


Wie werden die Schadstoffemissionen gemessen?
Zur Überprüfung der Schadstoffemissionen wird nun neben den Prüfstandtests auch ein „Real Driving Emissions (RDE) Test“ durchgeführt. Dafür werden während der Fahrt auf der Straße die Abgaswerte mit mobilen Systemen, den sogenannten PEMS-Geräten (Portable Emission Measurement System) ermittelt. Die Strecke besteht zu jeweils einem Drittel aus Stadt, Landstraße und Autobahn und die Befahrung dauert 90 bis 120 Minuten. Im Labor muss nach wie vor ein Grenzwert von 80 Milligramm Stickoxide pro Kilometer eingehalten werden. Im Praxistest darf der auf dem Prüfstand gemessene Werte höchstens um den Faktor 2,1 überschritten werden. Das bedeutet, dass im Test auf der Straße nicht mehr als 168 Milligramm Stickoxide pro Kilometer emittiert werden dürfen (2,1 * 80 Milligramm nach Labortest = 168 Milligramm auf der Straße). Ab 2020 sinkt der Faktor auf 1,5 und somit der Grenzwert auf 120 Milligramm pro Kilometer. Bisher ist noch kein fester Zeitpunkt festgelegt, ab wann der Grenzwert von 80 Milligramm auch für den RDE gelten soll. Ab September 2019 ist der RDE-Straßentest neben den neuen Typzulassungen dann auch für alle generell neuzugelassenen Fahrzeugmodelle vorgeschrieben. Bis dahin haben die Hersteller Zeit, ihre bereits auf dem Markt befindlichen Modelle an die RDE-Grenzwerte anzupassen.
Sind die Messergebnisse nun identisch mit dem Realverbrauch?
Die im Prüfverfahren ermittelten Verbrauchswerte spiegeln nicht die realen Verbräuche auf der Straße wieder. Sie dienen dem Vergleich von Fahrzeugen untereinander. Den einen „Realverbrauch“ gibt es nicht. Der Verbrauch und somit auch die Emissionen hängen stark von individuellen Faktoren wie Fahrstil, Verkehrsfluss, Topografie und Wetter ab. Laut ADAC kann allein der Fahrstil zu Aufschlägen von 20 Prozent führen. Zudem ist beim WLTP die Klimaanlage – einer der größten Nebenverbraucher – zwar eingebaut, jedoch beim Test ausgeschaltet. Dadurch soll ein Vergleich der Fahrzeuge unabhängig der individuellen Klimatisierung ermöglicht werden. Diese Faktoren führen dazu, dass die Messwerte nicht identisch mit den Verbräuchen auf der Straße sein werden; sie liegen aber näher an den Praxisverbräuchen, als es beim NEFZ der Fall ist. Die Messung auf dem Prüfstand ist jedoch relevant, um die verschiedenen Fahrzeuge der unterschiedlichen Hersteller unter gleichen Bedingungen zu testen und vergleichbare Ergebnisse zu ermitteln.
Was ändert sich für Autofahrerinnen und -fahrer?
Für vor dem 1. September 2018 neuzugelassene Pkw ändert sich nichts. Für ab dem 1. September 2018 neu zugelassene Pkw wird jedoch der WLTP-Verbrauchswert herangezogen, um die Kfz-Steuer zu ermitteln. Baugleiche Fahrzeuge, die entweder vor oder nach dem 1. September 2018 neu zugelassen werden, unterscheiden sich damit hinsichtlich ihrer Kfz-Steuer. Laut Expertenmeinungen ist davon auszugehen, dass der Verbrauch und somit auch die CO2-Emissionen der Pkw im WLTP-Testzyklus durchschnittlich höher ausfallen werden als im NEFZ-Testzyklus. Tendenziell wird sich damit auch der CO2-abhängige Anteil der Kfz-Steuer erhöhen.
Auf Informationsinstrumenten wie dem Pkw-Label werden die neuen Messwerte noch nicht gleich sichtbar werden. Denn erst wenn die entsprechende Pkw-EnVKV novelliert ist, dürfen die realitätsnäheren Verbrauchs- und Emissionswerte als bessere Informationsbasis für die Autokaufentscheidung dienen. Das Novellierungsverfahren wird voraussichtlich innerhalb des zweiten Halbjahres 2020 abgeschlossen.
Ab wann werden die neuen WLTP-Werte in der Werbung und in den Broschüren kommuniziert?
Hierfür ist noch eine Novellierung der Pkw-EnVKV notwendig, sodass die Pkw-Label beim Autohändler, die Angaben in Broschüren und Werbeprospekten sowie in der Werbung voraussichtlich ab dem zweiten Halbjahr 2020 die neuen Werte enthalten.
Antworten auf weitere Fragen
Nein. Die Umstellung von NEFZ zu WLTP wirkt sich nicht auf alle Fahrzeuge gleichermaßen aus. Erste Analysen deuten darauf hin, dass der Unterschied zwischen NEFZ und WLTP bei kleineren Fahrzeugen höher ausfallen wird als bei größeren Fahrzeugen. Auch wird der Unterschied beim Kraftstoffverbrauch von vergleichbaren Benzinern tendenziell größer ausfallen als bei Diesel-Fahrzeugen. Dies liegt unter anderem an den vorgegebenen Schaltpunkten, der höheren Fahrdynamik sowie an mehr Zeit in höheren Geschwindigkeiten beim WLTP-Verfahren.
Auch bei Elektroautos wird es Veränderungen geben. Durch die höhere Durchschnittsgeschwindigkeit steigt vor allem bei rein elektrischen Fahrzeugen der Energieverbrauch, wodurch wiederum die Reichweite sinkt. Somit werden die Angaben zur Reichweite von Elektroautos geringer, allerdings auch repräsentativer ausfallen. Bei der Ermittlung des Energieverbrauchs werden, wie auch schon beim NEFZ, die Ladeverluste mitberücksichtigt.
Für Plug-In-Hybride (PHEV) gibt es größere Änderungen durch den neuen Testzyklus. PHEV starten mit voller Batterie und fahren den Test mehrmals hintereinander durch, bis die Batterie leer ist. Anschließend wird der Test noch einmal mit leerer Batterie und somit nur mit dem Verbrennungsmotor und der Bremsenergierückgewinnung gefahren. Durch die mehrstufige Messung werden zum einen der Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen und zum anderen die elektrische und die Gesamtreichweite präziser ermittelt. Der auszuweisende CO2-Wert ergibt sich dann aus dem Nutzenfaktor (UF – Utility Factor), der das Verhältnis von elektrischer Reichweite zur Gesamtreichweite darstellt. Der UF gibt also an, welcher Anteil der Fahrt rein elektrisch zurückgelegt wird.
Die WLTP- und RDE-Tests werden von unabhängigen Technischen Diensten wie TÜV oder Dekra durchgeführt. Es ist allerdings auch möglich, dass die Tests, betreut durch den Technischen Dienst, auf den Prüfständen der Hersteller durchgeführt werden. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) betreibt zudem auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände in Leck in Schleswig-Holstein seit 2020 ein eigenes Testgelände, in dem unangemeldete Tests von Fahrzeugen direkt aus der Produktion stattfinden können.
Die Ursache für die unterschiedlichen Zeitpunkte der Umstellung bei der Berechnung der Kfz-Steuer und den Inhalten des Pkw-Labels basieren auf unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen. Die Berechnung der Kfz-Steuer wird im Kraftfahrzeugsteuergesetz geregelt. Durch die sechste Änderung des Gesetzes wurde erst möglich, die Kfz-Steuer einheitlich zum 01. September 2018 umzustellen. Ansonsten hätten sporadisch schon seit Mitte 2017 WLTP-Werte verwendet werden müssen. Die Inhalte des Pkw-Labels werden jedoch durch die Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) festgelegt. Durch die Umstellung von NEFZ auf WLTP bedarf es einer Novellierung der Pkw-EnVKV. Die Umsetzung und Prüfung nimmt jedoch aufgrund von nationalen Gesetzgebungsvorgaben sowie einer auf EU-Ebene erforderlichen Prüfung mehr Zeit in Anspruch.
Die Kfz-Steuer wird für seit dem 1. Juli 2009 neu zugelassene Pkw sowohl nach dem Hubraum als auch dem offiziellen CO2-Prüfwert für das jeweilige Fahrzeug bemessen. Der offizielle CO2-Prüfwert entspricht ab dem 1. September 2018 für alle Neufahrzeuge (mit Ausnahme auslaufender Serien) dem WLTP-Wert. Die in Praxistests gemessenen CO2-Emissionen von Pkw liegen vielfach deutlich über dem NEFZ-Wert. Der WLTP-Wert kommt dem Praxisverbrauch vielfach näher und ist daher besser als offizieller CO2-Prüfwert für die Kfz-Steuer geeignet.
Rechtlicher Hinweis
Die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) informiert im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz mit dieser Informationsplattform zur Verkehrs- und Mobilitätswende. Darüber hinaus erhalten Hersteller und Händler Informationen zur Umsetzung der novellierten Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV). Dabei handelt es sich um allgemeine Hinweise, die nicht rechtsverbindlich sind. Für konkrete Fragen ist ggf. eine Rechtsberatung einzuholen. Die dena übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit der mittels des Online-Tools zur Erstellung eines Pkw-Labels berechneten Ergebnisse. Entscheidend sind u. a. die Herstellerangaben.