Die Spitzen von SPD; Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben vergangene Woche am 24.11.2021 in Berlin den Koalitionsvertrag vorgestellt. Dabei soll Volker Wissing, Generalsekretär der FDP, neuer Verkehrsminister werden. Dies teilte der Bundesvorstand der Partei am Mittwoch mit. Der 177-seitige Koalitionsvertrag steht unter dem Titel „Mehr Fortschritt wagen - Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“. Am 4. und 5. Dezember werden jeweils die SPD und FDP während ihrer Parteitage über diesen Koalitionsvertrag abstimmen. Dabei finden sich in dem Dokument ausführliche Passagen zu den Schwerpunkten und Zielen in den Bereichen Mobilität, Verkehr, Infrastruktur und der Automobilbranche.
„Wir treiben die nachhaltige Mobilitätswende voran, mit dem Aufbau eines Leitmarkts für E-Mobilität und einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur. Das Herzstück moderner nachhaltiger Mobilität bilden ein starker ÖPNV und eine moderne deutsche Bahn als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge.“
Diese Kurzbotschaft aus dem Koalitionsvertrag lässt die Vorhaben der kommenden Bundesregierung nur erahnen, da noch wenig konkretisiert ist.
Transformation der deutschen Autoindustrie zu Innovationsstandort für Elektromobilität
SPD, Grüne und FDP wollen Deutschlands Entwicklung zu einem Leitmarkt und Innovationsstandort für die Elektromobilität mit mindestens 15 Millionen vollelektrischen Pkws auf deutschen Straßen bis zum Jahr 2030 vorantreiben. Dabei möchten sie auf eine gezielte Clusterförderung setzen, in der die regionale Transformation der kleinen und mittelständischen Unternehmen von zentraler Bedeutung ist. Mit Projekten und Plattformen, wie die Europäischen Batterieprojekte (IPCEI) und der Strategieplattform „Transformation Automobilwirtschaft“, will die Bundesregierung die Ansiedlung von Zellproduktionsstandorten einschließlich Recycling in Deutschland vorantreiben, als auch auf Bundesebene bestehende Kooperations- und Dialogformate intensivieren und ausweiten.
Reduzierung des Flächenverbrauchs für Siedlungs- und Verkehrszwecke
Für das anvisierte Ziel der Klimaneutralität wird die Reduzierung des Flächenverbrauchs für Siedlungs- und Verkehrszwecke auf das 30-ha-Ziel bis 2030 im Koalitionsvertrag genannt. Begleitet wird diese Präventivmaßnahme durch mehr Investitionen in den Schienenverkehr und einen Erhalt und der Sanierung der vorhandenen Bundesfernstraßen im Nahverkehr. Das Nebeneinander von Autobahn GmbH und Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und –bau Gesellschaft (DEGES) will die kommende Bundesregierung aufheben. Parallel zur laufenden Bedarfsplanüberprüfung möchte die neue Regierung Dialogprozesse mit Verkehrsschutzverbänden starten, um über den neuen Bundesverkehrswege- und –mobilitätsplan 2040 neue Kriterien anzulegen. Bei der Lkw-Maut soll ab 2023 eine CO2-Differenzierung eingeführt werden.
Verkehrswende - Netzausbau und Elektrifizierung der Bahn europaweit
Einen zentralen Bestandteil der Verkehrspolitik bildet der Bahn- und Schienenverkehr. Bis 2030 ist vorgesehen die Verkehrsleistung im Personenverkehr zu verdoppeln und den Schienengüterverkehr um 25 % bis 2030 zu steigern. Die Wettbewerbsfähigkeit der Bahnen soll durch eine günstigere Nutzung der Schiene und einem grenzüberschreitenden Verkehr mit der EU und ihren Mitgliedstaaten gesteigert werden. Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, sollen außerdem bis 2030 75% des Schienennetzes elektrifiziert werden. Begleitet wird die Modernisierung durch die angestrebte Digitalisierung von Fahrzeugen und Strecken, der Verbesserung von Barrierefreiheit und Lärmschutz und der Erweiterung des Streckennetzes sowie der Kapazität (Programm „Schnelle Kapazitätserweiterung“), unter anderem durch den Einsatz einer Beschleunigungskommission Schiene.
Ausbau von ÖPNV
Im ÖPNV sollen Fahrgastzahlen erheblich gesteigert und ein Ausbau- und Modernisierungspakt zur Verständigung zwischen Bund, Länder und Kommunen geschlossen werden. Mobilitätsanbieter werden dazu verpflichtet ihre Echtzeitdaten zu teilen. Neue Mobilitätsdienste und Carsharing sollen in eine langfristige Strategie für autonomes und vernetztes Fahren einbezogen werden.
Keine Neuzulassung von Verbrennern mehr ab 2035
Gemäß den Vorschlägen der Europäischen Kommission sollen im Verkehrsbereich in Europa ab 2035 nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen werden. Untermauert wird dies durch die Verabschiedung der Schadstoffnorm EURO 7, dem Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur mit dem Ziel von einer Million öffentlich zugänglichen Ladepunkten bis 2030, dem Aufbau eines flächendeckenden Netzes an Schnelllade-Hubs, dem Aufbau von Tank- und Ladeinfrastruktur für Lkw und der Weiterentwicklung CO2-Flottengrenzwerte.
Bisher kein Tempolimit in Planung
Ein generelles Tempolimit wird es nicht geben. Ein Monopol bei der Fahrererlaubnisprüfung will die künftige Bundesregierung ebenfalls aufheben. Begleitetes Fahren soll bereits ab 16 möglich sein. Und in Nutzfahrzeugen sollen Notbrems- und Abstandsassistenten nicht mehr abgeschaltet werden dürfen.
Vermehrte Förderung vom Radverkehr
Im Radverkehr soll der Nationale Radverkehrsplan umgesetzt sowie die Förderung der kommunalen Radverkehrsinfrastruktur vorangetrieben werden. Dabei erfolgte eine Förderung von Rad und ÖPNV.
Mehr Alternative Antriebe im Schiffverkehr
Beim Schiffsverkehr sollen Landstrom sowie alternative Antriebe und Kraftstoffe gefördert werden. Damit einhergehend gehört die Entwicklung einer nationalen Hafenstrategie und die Stärkung des Bundesamts für Schifffahrt und Hydrografie.
Weniger Kurzstreckenflüge
Durch die Priorisierung eines verbesserten Bahnverkehrs möchte die Bundesregierung die Anzahl der Kurzstreckenflüge verringern. Darüber hinaus möchte sie sich bei der EU dafür einsetzen, dass Flugtickets nicht zu einem Preis unterhalb der Steuern, Zuschläge, Entgelte und Gebühren verkauft werden dürfen. Die Einnahmen aus der Luftverkehrssteuer sollen in die Förderung CO2-neutraler, strombasierter Flugkraftstoffen sowie in die Forschung, Entwicklung und Flottenmodernisierung im Luftverkehr fließen.